Baasem 01.10.2004 und Unna 02.10.2004
Hurricane ? Eifel ? Zum diesjährigen Cajun & Zydecofestival hatten sich die Veranstalter etwas besonderes einfallen lassen: Von einem USA Aufenthalt hatte Michael Bentele, Bassist der Cajun Pioneers und einer der Organisatoren, etliche Beutel von Pat O’Brien’s Hurricane Mix mitgebracht. Alle die schon mal in New Orleans waren, kennen den ‚Hurricane’. Ein Mixgetränk der besonderen Art: rot, süffig, lecker, teuflisch. Das Pulver wird mit Wasser aufgemischt und anschließend mit dunklem Rum gemischt. Fertig ! Dieses Getränk lockerte manchem Festivalbesucher und Musiker ganz schnell Stimme und Gelenke und der Saal kochte bald. |
Kurz nach 20h eröffnete Klaus Warler, Gitarrist der Cajun Pioneers, mit einer Dankesrede an die lokalen und überregionalen Sponsoren und an die freiwilligen Helfer den Abend.
Die ‚River Zydeco Band’, seit mehr als zehn Jahren auf Festivals in Europa unterwegs eröffnete dann den Abend mit einem gelungenen Zydecoprogramm. Stücke aus ihrer aktuellen CD ‚ZydecoZity’ von Musikern wie Clifton Chenier, Sean Ardoin und Keith Frank brachten das Publikum schnell auf die Tanzfläche. Aber auch Genrefremde Songs wie Paul Simon’s ‚That was your mother’ oder der Gassenhauer ‚Good Music’ von Arthur Conley gehen den Musikern um Akkordeonspieler Jo van Strien locker von der Hand. Unterstützt wird er dabei am Schlagzeug von Frits Loonen, am Bass von Teun de Graaf, an der Gitarre von Wil de Wijs und Frontmann am Gesang und Scrubboard ist Cees Emmen. Die River Zydeco Band verbreitet von Anfang an den völlig harmlosen ‚Zydecovirus’.
In der Umbaupause gab’s fürs Publikum wieder die beads aus Louisiana. Das sind Perlenketten aus Plastik, welche in New Orleans im Mardi Gras (Karneval) von den Männern von Balkonen aus zu den Frauen heruntergeworfen werden. In New Orleans müssen die Frauen dafür ihre Bluse heben, davon wurde trotz der ‚Hurricane’ Drinks aber beim Festival abgesehen.
Chris Hall und Randy Vidrine hatten vor ihrem Auftritt bereits das Getränk probiert. Ihr Auftritt wurde dadurch bestimmt noch dynamischer. Obwohl die Gruppe Breaux um den Geiger Mitchell Reed Akkordeonspieler Chris Hall, Gitarrist und Sänger Randy Vidrine und Schlagzeuger Sam Murray eher eine traditionelle Cajunband ist, machten die vier mächtig Dampf. Viele Cajunklassiker wie J’ete-z-au bal, Petite ou la grosse, Amedee Two-step, aber auch eigene Nummern wie ‚Femmes’ brachten das Publikum ins schwitzen.
Mitchell Reed ist einer der besten Cajungeiger aus Louisiana. Erst dieses Jahr wurde er als einer der drei besten beim renommierten CFMA-Award gewertet. Er spielt seit Jahren in vielen Bands. Außerhalb der Gruppe ist er in USA mit seiner neuesten Formation ‚Lafayette Rhythm Devils’ unterwegs. An der Gitarre ist Randy Vidrine ein langjähriger Weggefährte von Mitchell Reed. Die beiden spielten und spielen in Bands wie ‚Charivari’, Tasso, und ‚The Mamou Prairie Band’. Seine Stimme hat eine Authentizität, die kaum ein anderer erreicht. Durch ihre Höhe kann er sich auch in einer fünf Mann starken Band durchsetzen und die Stimme als Markenzeichen etablieren. Zusammen sind Mitchell Reed und Randy Vidrine ein unschlagbares Duo und eine Stütze für jede Band. Chris Hall am Akkordeon ist wie Sam Murray am Schlagzeug ein alter Bekannter des Festivals. Chris Hall ist das Mastermind der englischen Cajun/Zydecoszene. Seit zwanzig Jahren spielt er in wechselnden Formationen (Zydecomotion/Bearcats) und erhält Cajun und Zydeco in Europa am dampfen.
Die CD seiner Gruppe Breaux entstand in zwei Schritten. Mitchell Reed und Randy Vidrine haben in Louisiana ihre Instrumente und Stimmen aufgenommen. Dann wurde das tape nach England geschickt und Chris und Sam haben dann darauf Akkordeon und Schlagzeug gespielt. Entstanden ist eine transatlantische CD mit wunderschönen Cajunsongs, die man nur jedem Cajunfan ans Herz legen kann. So ist es auch kein Wunder, dass die Band erst nach einer langen Zugabe die Bühne verlassen durfte.
Um kurz vor Mitternacht gingen dann die Gastgeber ‚Cajun Pioneers’ auf die Bühne.
Auch hier gab es von Anfang an Highlights. Außer der Stammbesetzung mit Luitger Fräger, (Akkordeon,Gesang), Hartmut Hegewald (Fiddles , Gesang), Klaus Warler (Gitarre) , Olaf Markewitz (Schlagzeug) und Michael Bentele (Bass) gab es Unterstützung von zwei weiteren Geigern. Johannes Epremian von der Gruppe ‚Le Clou’ und der Niederländer Will Pieters von der ’Down Town Cajunband’ erweiterten die Cajun Pioneers zu einem Cajunorchester. Drei Geiger in einer Band ist selten und so wurde auf Teufel komm raus gefiddelt. ‚Amedee Two-Step, ‚Hicks Wagon Wheel Special’, Acadian Two-Step’ alles Traumnummern für Geiger wurden so zu wahren fiddle Feuerwerken. Aber auch Luitger Fräger an den verschiedenen Akkordeon lies sich nicht lumpen. Auch zu später Stunde flogen die Finger über die Tasten und Knöpfe, dass es eine wahre Freude war.
Abschluss des Festivals ist natürlich immer eine jamsession. Drei Geigen, zwei Akkordeon, mehrere Gitarren, Waschbretter, Triangeln, Bass, Schlagzeug und viele Hurricanes und zwei tolle Gassenhauer: ‚Zydeco sont pas sale’ und ‚Iko Iko’. Erst um halb zwei räumen die letzten Musiker die Bühne. Erschöpft, glücklich, betrunken, müde, heiser…
Die Sonne geht wieder auf und wenige Stunden später zieht der Treck nach Unna in die Lindebrauerei. Im Lauf des Nachmittags wird die Anlage aufgebaut, Soundchecks folgen, Saiten aufgezogen.
Bevor die Lindenbrauerei ihre Pforten öffnet, gibt es nachmittags einen Akkordeonworkshop mit Luitger Fräger und einen Cajuntanzkurs mit Peter Kleinschmidt und Christine Schütt.
Der Akkordeonworkshop gibt Anfängern und Fortgeschrittenen die Chance, Tipps und Tricks von Luitger Fräger zu bekommen. Vieles kann man durch Lehrvideos, zugucken, zuhören erlernen. Es ist aber immer schön, direkt mit Musikern einen Erfahrungsaustausch zu pflegen. Hier kann man in einem kleinen Kreis seine Erfahrungen austauschen und ein paar Tipps und Tricks mir nach Hause nehmen. Da nicht jeder Interessierte ein Cajunakkordeon besitzt, stehen von der Firma Hohner immer Leihgeräte zur Verfügung.
Für den Tanzkurs braucht es keine Leihgeräte, allenfalls ein Handtuch zum Schweißabwischen. Der von Peter Kleinschmidt und Christine Schütt geleitete Tanzkurs war super besucht und die Paare hatten großen Spaß bei ihren ersten Cajunschritten. Wie bei jedem Tanz gilt es auch bei Cajun erstmal die Hemmungen abzulegen. Two-Step und Walzer sind soweit von den Erfahrungen der Tanzschule nicht entfernt. Man braucht nur die richtige Musik und den richtigen Lehrer. Nach mehr als zwei Stunden waren die Schüler gelockert und waren eingestimmt auf das Konzert.
Auch an diesem Abend eröffnete die ‚River Zydeco Band’. Ihre Mischung aus Zydeco und manch anderem genrefremden Titel begeisterte auch in Unna das Publikum.
Trotz einigen Hurricanes am Vorabend brachte die Gruppe Breaux dann in Unna die Tänzer sehr schnell dazu, ihre gerade gelernten Schritte zu probieren. Schnell mischten sich mutige freestyletänzer darunter und die Tanzfläche bebte.
In den Pausen wollte auch das Publikum hier die bunten Glasperlen aus Louisiana als Souvenir. Einige aus dem Publikum waren bis aus Ulm gekommen, um die Bands zu hören.
Toll ! Die Zeitschrift Country Circle, die größte monatliche Countryzeitung Deutschlands war durch Sonja und Günther vertreten, die beide Veranstaltungen begleiteten.
Den Abschluss in Unna machten wieder die Cajun Pioneers. Diesmal als Gast wieder der Holländer Will Pieters an der zweiten Geige. Überraschungsgast des Abends war dann noch Henk de Kat. Henk de Kat spielt Akkordeon bei der Gruppe ‚Les Chats Cadiens’ aus Den Haag. Er wurde 2004 außerdem zum ‚Besten Europäischen Zydecoakkordeonspieler’ gewählt. Als Preis gab’s dafür ein Hohner Akkordeon Corona 2, welches die Firma Hohner großzügig gespendet hat.
Ein weiterer Überraschungsgast war außerdem ein Mann aus Arkansas, der mit seinem Waschbrett eine furiose Einlage bei einem Zydecosong lieferte.
Erst mehrere Zugaben mit vielen Musikern besänftigten das Publikum. Weit nach Mitternacht leerte sich die Lindenbrauerei langsam und der Abbau begann.
Während des Festivals kam noch die gute Nachricht, dass es den Cajun Pioneers gelungen war, den Zydecosuperstar Geno Delafose aus Louisiana in die Eifel (Ende Okt) zu holen !
Und wer wird nächstes Jahr kommen ? Mal schauen.
In jedem Fall wieder eine gute Mischung aus Cajun und Zydeco, dazu Tanzkurs, Perlen und Hurricanes.
Laissez les bon temps rouler ! Let the good times roll !